In dem Artikel „Die bildformatierte Gesellschaft“, Berlin 2007, beschreibt Prof. Thomas Born eine Bilderflut, die seit der Demokratisierung der Apparate stetig ansteigt.

Es entstehen Massen von Fotos privater Motive,

von Familienfesten oder Reisen, für Fotoalben, Aufbewahrungskisten oder bestenfalls Dia-Abende produziert - von sogenannten Hobby- oder Amateurfotografen.

Die gleichzeitig entstehende „Freizeitindustrie“ macht das Bereisen jedes Fleckens der Erde möglich, so dass es von nahezu jedem Ort auf der Welt Fotografien (oft von wenig hoher Qualität, technisch und inhaltlich) gibt.

Ein Bilderteppich aus Erinnerungsfotos oder Beweisen für die Daheimgebliebenen entstand und wächst täglich.

Durch die Digitalisierung ist diese Bilderflut noch einmal um ein Vielfaches angestiegen.

Und dank der Veröffentlichungsmöglichkeiten über das Internet bekommen viele dieser Bilder nun ein großes, weltweites Publikum.

Immer unklarer wird der Zweck dieser Bilder.
Geht es noch um das Gesehene, um das Malen mit Licht, um die Komposition im Bild, um das Verlangen, etwas auszudrücken - oder nur noch um den Akt des Fotografierens?

Ist die Masse der Fotos wichtiger als deren Inhalt?
Wird auch hier die Quantität bedeutender als die Qualität?

Aufmerksam gemacht von diesen Erkenntnissen aus dem Artikel, wurde mir klar, dass ich selbst genau so ein Mensch bin, der viel zu viel fotografiert - oft ohne genau hin zu sehen oder
wirklich zu komponieren.
Wie ein Sammelbedürfnis von schönen,
erinnerungswürdigen oder anderweitig motivierten Motiven.

Und oft kann ich einfach nur all das Gesehene nicht alleine und so schnell aufnehmen -
ich brauche meine Kamera als eine Art Zwischenspeicher...

Um also dieses Phänomen der Bilderflut fassbar
und auch in seinen fast bedrohlichen Ausmaßen erkennbar und fühlbar zu machen, habe ich nun einen realen Bilderteppich genäht.

1996/1997 habe ich im Alter von 20 Jahren eine 13-monatige Weltreise gemacht, bei der mehrere Tausend Fotos entstanden sind, die seit dem in Kisten lagern.
Und diese noch analogen Abzüge habe ich nun mit einer klassischen Nähmaschine mit einem Zickzack-Stich aneinander genäht, um diesen Teppich als eine Bilderflut-Welle zu inszenieren.

Nicht ohne Humor betrachte ich dieses Projekt:
Die Menschen haben eben dieses Bedürfnis nach Fotografieren, nach Sammeln, nach Exhibieren.
Und ich bin einer von ihnen...
Aber ich weiß: Es sind zu viele, oft wirklich schlechte Fotos!

Die Darstellung dieses Gedankens bedurfte einer genauen Konzept-Festlegung:

Nur Fotos dieser oben erwähnten Weltreise wurden verwendet und auch möglichst viele.
Es fand keine konkrete Auswahl statt - alle Fotos wurden auf einen Haufen geworfen und die Reihenfolge so per Zufall ermittelt.

Dann nähte ich erst 2,50 m-, später 5,40-lange Bahnen zusammen, die dann wieder aneinander, bis der ca. 2,30 x 5,40 m große Bilderteppich entstand.

studiert im 6. Semester Kommunikationsdesign an der FHTW-Berlin mit den Schwerpunktfächern Multimedia, Fotografie und Ausstellungsdesign.

Das Projekt „Bilderteppich. Bilderflut“ ist im Fach Multimedia unter der Leitung von Prof. Thomas Born und Nikolai Luckow entstanden.
Der 2007 erschienene Artikel „Die bildformatierte Gesellschaft“ von Prof. Thomas Born ist die anregende Quelle für diese Inszenierung.

Gerne können Sie sich den Bilderteppich im LID in der Invalidenstraße 1 (Berlin-Mitte) ansehen.
Bitte kontaktieren Sie mich dafür per e-mail: bilderflut@julierose.de
Am Donnerstag, den 20.3.2008 und am Donnerstag,
den 10.4.2008 ist die Galerie ab 19:00 geöffnet.

Julie Röhrbein

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Julie Röhrbein

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